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AutorenbildMatti Geyer

Warum Berlin ein Stück vom Land Brandenburg gehört: Die Geschichte von Goebbels' Villa am Bogensee

Nur etwa 15 Kilometer nördlich der Berliner Stadtgrenze liegt der Bogensee, ein idyllisches Stillgewässer im brandenburgischen Wandlitz. Doch was viele nicht wissen: Dieses Gebiet gehört nicht dem Land Brandenburg, sondern der Stadt Berlin. Warum ist das so? Die Antwort führt uns tief in die Geschichte des 20. Jahrhunderts und zu einer der umstrittensten Persönlichkeiten der NS-Zeit: Joseph Goebbels.



Ein Geschenk an Goebbels

Die Geschichte beginnt 1919, als Graf Wilhelm von Redern das hoch verschuldete Gut Lanke, inklusive des Bogensees, an den Magistrat von Berlin verkaufte. 1936 schenkte die Stadt Berlin dieses malerische Grundstück mitsamt einem kleinen Blockhaus dem NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zu seinem 39. Geburtstag. Goebbels nutzte das Haus zunächst als romantisches Refugium und schrieb begeistert in sein Tagebuch über die "wunderbare" und "einsame" Waldidylle.


Doch bald reichte das kleine Häuschen Goebbels nicht mehr aus. 1939 ließ er nach Plänen des Architekten Heinrich Schweitzer einen neuen, prächtigen Landsitz errichten: den Waldhof am Bogensee. Dieses Anwesen, bestehend aus einem Hauptgebäude, einem Gästehaus, Wirtschaftsgebäuden und mehreren Bunkern, wurde schnell zu einem Treffpunkt für prominente Persönlichkeiten aus Kunst und Politik.


Vom Luxusdomizil zur Jugendhochschule

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung durch die Rote Armee wurde das Gelände 1946 zu einer zentralen Jugendleiterschule der Freien Deutschen Jugend (FDJ) umfunktioniert. Die Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ entstand und prägte das Gelände für Jahrzehnte. Viele der damaligen Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz, einschließlich der Schulgebäude und Grünflächen, die nach Plänen des Berliner Architekten Hermann Henselmann gestaltet wurden.


Gegenwart und Zukunft des Waldhofs

Seit dem Jahr 2000 wird der Waldhof am Bogensee größtenteils nicht mehr genutzt, nur die Waldschule Bogensee nutzt noch ein Nebengebäude. Die hohen Kosten für die Instandhaltung und Sicherung der Gebäude stellen Berlin vor erhebliche Herausforderungen. Im Mai 2024 bot der Berliner Finanzsenator sogar an, das Gelände zu verschenken, um die finanziellen Belastungen zu reduzieren. Es wurde sogar angekündigt, die Gebäude notfalls abreißen zu lassen, falls keine sinnvolle Nutzung oder Investoren gefunden werden.


Ein Stück Geschichte

Der Waldhof am Bogensee ist ein eindrucksvolles Zeugnis der deutschen Geschichte. Vom privaten Rückzugsort eines NS-Ministers bis hin zur Ausbildungseinrichtung der DDR-Jugend spiegelt dieses Gelände die wechselvollen Zeiten des 20. Jahrhunderts wider. Die Diskussionen um seine Zukunft sind dabei ein Sinnbild für den Umgang mit schwierigen Erben der Vergangenheit: Denkmalschutz, finanzielle Belastungen und die moralische Verantwortung spielen hierbei eine zentrale Rolle.


Warum gehört dieses Stück Brandenburg nun Berlin? Es ist ein Relikt aus der Zeit, als politische Entscheidungen und Geschenke an einflussreiche Persönlichkeiten weitreichende Konsequenzen hatten. Heute steht der Waldhof am Bogensee als Mahnmal und Erinnerung an diese komplexe und oftmals düstere Vergangenheit – und stellt die Stadt Berlin vor die Frage, wie mit diesem Erbe umgegangen werden soll.



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